Bikepacking & Periode – Radfahren mit Menstruationstasse
Wie Radfahren mit Menstruationstasse mein Leben verÀnderte.
Wir lieben es drauĂen unterwegs zu sein, Bikepacking-Touren zu machen und mit dem Rad gern auch mal lĂ€ngere Strecken zu fahren. Doch an einigen Tagen im Monat, wird es menstruierenden Personen nicht unbedingt leicht gemacht. Wer kennt das nicht? Die Periode hat bereits begonnen oder viel schlimmer, sie setzt unerwartet ein und im GepĂ€ck fehlt was! Genau: Menstruationsprodukte.
In diesem Beitrag beschĂ€ftigt sich Sandra mit den verschiedenen Möglichkeiten auch wĂ€hrend der Periode drauĂen in der Natur unterwegs zu sein und berichtet, warum die Menstruationstasse aus ihrer Sicht das beste Periodenprodukt fĂŒrs Bikepacking und Radfahren im Allgemeinen ist.
Das Thema Menstruation bringt insbesondere zwei Fragen oder Probleme mit sich, gerade wenn es um Outdoor-Sportarten geht:
- Wohin mit benutzten Binden oder Tampons, wenn es keinen MĂŒlleimer in der NĂ€he gibt?
- Wo gibt es mitten im Wald, auf Feldwegen oder am StraĂenrand Periodenprodukte?
Ausgangssituation: Wohin mit den Tampons?
Von meiner ersten Periode an habe ich Tampons als Menstruationsprodukt genutzt, das GefĂŒhl von Binden fand ich unangenehm. FrĂŒher hat mich meine Menstruation besonders dann genervt, wenn ich irgendwo unterwegs war, wo ich keine Möglichkeit hatte, benutzte Tampons zu entsorgen. DrauĂen pullern, okay. Aber drauĂen Tampons wegwerfen? No way! Besser in den sauren Apfel beiĂen, ein verschlieĂbares GefÀà dabei haben und den Inhalt spĂ€ter in einem MĂŒlleimer entsorgen. Das ging bei KletterausflĂŒgen, bei denen die Anstiege zum Felsen eher kurz waren und das GepĂ€ck durch die KletterausrĂŒstung eh schon schwer war machte ein extra GefÀà auch nicht mehr fett.
Aber in die Bikepackingtaschen noch ein Glas oder eine TĂŒte mit benutzten Tampons reinstopfen oder ranhĂ€ngen klingt in meiner Vorstellung nicht so praktikabel. Stellt euch vor, wie ein Zip-Beutel mit blutigen Tampons am Lenker baumelt – das wĂ€re eigentlich mal ein geniales Statement!
Mal angenommen, dieses Statement wird umgesetzt, gibt es das zweite Problem immernoch: Wo bekomme ich irgendwo im Nirgendwo Menstruationsprodukte her, wenn ich keine eingepackt habe? Zur nÀchsten Tankstelle radeln ist eine Option. Das kann aber je nach Tour und Terrain gut und gerne mehrere Stunden dauern.
AuĂerdem finde ich gerade beim Radfahren das RĂŒckholbĂ€ndchen an Tampons ziemlich unangenehm bis schmerzhaft.
Entscheidung fĂŒr eine Menstruationstasse
Ich habe also nach Alternativen zu den meistgenutzten Menstruationsprodukten, Tampon oder Binde, gesucht. Dabei kam ich auf Menstruationstassen. Die Idee, ein Produkt ĂŒber Jahre zu verwenden und so weniger MĂŒll zu produzieren, gefiel mir. Also schaute ich gefĂŒhlt 1000 YouTube-Videos ĂŒber verschiedene Menstruationstassen an und las viel ĂŒber die Wahl zur richtigen Tasse. FĂŒr mich schien eine kleine Tasse passend. Die Wahl der richtigen TassengröĂe, Tassenform, des richtigen Weichheitsgrades und einer passenden âStilformâ kann einige Zeit beanspruchen und bei der groĂen Auswahlmöglichkeit fĂ€llt es nicht gerade leicht, eine Entscheidung zu treffen.

Ich selbst wollte nicht erst verschiedene Tassen ausprobieren, bis ich die fĂŒr mich richtige gefunden hatte. Trotzdem kaufte ich erst eine, mit der ich leider nicht so gut zurecht kam. Sie war weich und ploppte schlecht in die gewĂŒnschte Form, das EinfĂŒhren war demnach schwierig fĂŒr mich. Dennoch fand ich das GefĂŒhl schon besser als mit einem Tampon.
Irgendwann investierte in eine weitere Tasse, dieses Mal in eine Ruby Cup, mit der ich hoffentlich besser zurecht kommen wĂŒrde. FĂŒr diese Marke entschied ich mich, da die Firma je verkaufter Menstruationstasse eine Tasse an ein MĂ€dchen oder eine Frau spendet, die keinen Zugang zu Menstruationsprodukten hat. Diese Tasse habe ich jetzt schon ein paar Jahre und komme super damit zurecht. Lediglich den âStielâ unten an der Tasse habe ich mit einer Schere gekĂŒrzt, da ich den in manchen positionen unangenehm gespĂŒrt habe.
Benutzung/Anwendung einer Menstruationstasse
Erst einmal klingt die Anwendung kompliziert, mit etwas Ăbung geht sie aber leicht von der Hand: Die Tasse falten – dafĂŒr gibt es verschiedene Techniken – und dann Ă€hnlich wie einen Tampon einfĂŒhren. In der Vagina entfaltet sich die Tasse zu ihrer eigentlichen Form, schlieĂt um den Muttermund ab und bleibt durch einen Unterdruck an ihrer Position.
Zum Leeren der Tasse wird das untere Ende etwas zusammen gedrĂŒckt, um den Unterdruck zu lösen und die Tasse einfach herausziehen zu können. Das untere Ende, also der Stil der Tasse wirkt zwar wie ein RĂŒckholbĂ€ndchen von Tampons, jedoch sollte es nicht dafĂŒr genutzt werden, da das Herausnehmen ohne den Unterdruck zu lösen schmerzhaft und schwierig sein kann.

Im Normalfall leere ich meine Tasse einmal morgens nach dem Aufstehen und einmal abends vor dem ins Bett gehen aus, also 2 Mal pro Tag – Tampons musste ich öfter wechseln. AuĂerdem wasche ich sie dann jeweils mit Wasser aus. Es ist aber auch möglich, die Tasse einfach mit Toilettenpapier oder anderem auszuwischen, wenn kein Wasser da ist, zum Beispiel, bei einer Bikepacking-Tour – dazu gleich noch mehr.
Nach meiner Periode koche ich die Tasse ein paar Minuten lang in normalem Leitungswasser aus. Es gibt auch die Möglichkeit, sie in der Mikrowelle zu sterilisieren.
Bikepacking und Menstruationstasse
ZurĂŒck zu Radfahren mit Menstruationstasse und Bikepacking-Touren: Im Idealfall suche ich mir am Abend eine Toilette, um die Tasse zu leeren und besuche am nĂ€chsten Morgen irgendwo ein CafĂ©, um die Toilette dort dafĂŒr zu nutzen. Das geht natĂŒrlich nicht immer. In diesem Fall reinige ich meine HĂ€nde mit dem, was ich dabei habe: Wasser, Wasser und Seife oder Desinfektionsmittel. Mit sauberen HĂ€nden, einer Flasche und einem Tuch bewaffnet gehe ich an ein ungestörtes Ărtchen, Hose runter, den Unterdruck der Tasse mit den Fingern lösen (z. B. durch leichtes ZusammendrĂŒcken des unteren Endes der Tasse) und die Tasse herausnehmen.
Nun kann sie geleert werden, dabei sollte das Blut am besten einige Zentimeter tief vergraben werden. Besonders an hoch frequentierten Orten. Als nĂ€chstes kommt das Wasser aus der Flasche zum Einsatz: damit spĂŒle ich die Tasse ab. AuĂerdem befeuchte ich eine Hand oder ein als Waschlappen nutzbares Tuch mit Wasser, um mich untenrum zu waschen. Danach fĂŒhre ich die Menstruationstasse wieder ein. Nun nur noch Abtrocknen und fertig, Hose hoch und zurĂŒck zum Camp. Das Tuch spĂŒle ich bei nĂ€chster Gelegenheit oder direkt aus. Oder, wenn es ein Wegwerftuch oder Klopapier ist, dann nehme ich es mit, um es irgendwo in einen MĂŒlleimer zu werfen.
Auf langen Tagestouren muss ich mir gar keinen Kopf machen, wann, wie und wo ich die Tasse leere, denn auch an Tag 1 kann ich sie locker von morgens bis abends tragen.
Radfahren mit Menstruationstasse auf langen Touren
Aber wie sieht es mit dem Radfahren mit Menstruationstasse bei lĂ€ngeren Touren aus, die vielleicht im Morgengrauen starten und bis in die Nacht hinein gehen? SpĂ€testens nach 12 Stunden sollte die Tasse geleert werden, auch an leichten Tagen, da sonst, wie auch bei Tampons, eine Infektionsgefahr durch das alte Blut besteht (toxisches Schocksyndrom). Bisher musste ich erst bei einer Tour die Tasse zwischendrin leeren: Bei der Orbit360 #rideFAR-Challenge bin ich 360 km gefahren und hatte meine Periode (Tag 1). Dabei habe ich nach etwa der HĂ€lfte der Strecke an einer Tankstelle angehalten und war dort auf der Toilette, um die Tasse zu leeren. Das war am einfachsten und schnellsten. WĂ€re keine Tankstelle da gewesen, hĂ€tte ich mich irgendwo am StraĂenrand in einen Busch gehockt.
Wer mehr zur Anwendung von Menstruationstassen wissen möchte: “Auf Klo” haben das in einem Video kurz und knapp zusammengefasst.
Vorteile einer Menstruationstasse
FĂŒr mich ist meine Menstruationstasse nicht mehr wegzudenken.
- Die Menstruationstasse ist klein und passt immer ins GepÀck.
- Sie kann nass werden und funktioniert trotzdem.
- Ich muss die Tasse nur 2 Mal am Tag leeren, seltener als ich Tampons wechseln muss (je nach StĂ€rke der Blutung und TassengröĂe ist das natĂŒrlich unterschiedlich)
- Mit etwas Ăbung ist die Handhabung einfach.
- Ich habe ein saubereres/trockeneres GefĂŒhl im Gegensatz zu Tampons.
- Oft hat mich auch das RĂŒckholbĂ€ndchen gestört, gerade beim Radfahren konnte es unangenehm drĂŒcken, auch wenn es noch so dĂŒnn ist.
- Kein Austrocknen im Vaginalbereich wie durch Tampons.
- Einmal investieren, ĂŒber Jahre nicht wieder darĂŒber nachdenken.
Nachteile?
Wo es Vorteile gibt, gibt es natĂŒrlich auch Nachteile.
- Die Anwendung, sowohl das EinfĂŒhren als auch das Entnehmen, erfordert etwas Ăbung
- Es kann sein, dass die erste Tasse nicht gleich die richtige ist und verschiedene probiert werden mĂŒssen
- Manche Menschen kommen auch gar nicht mit Menstruationstassen zurecht
Wer mit einer Spirale oder Ă€hnlichem verhĂŒtet, sollte unbedingt abchecken, ob die Kombination okay ist (das kann individuell unterschiedlich sein; bei Ruby Cup gibt es zu der Thematik Informationen)
Nachhaltigkeit von Menstruationstassen
Erst einmal klingt es super: Eine Tasse kaufen und ĂŒber Jahre nutzen. Tampons oder Binden produzieren jeden Monat einen Haufen MĂŒll. Dennoch ist das Thema Nachhaltigkeit von Menstruationstassen kontrovers zu betrachten. Darauf möchte ich hier auch kurz eingehen.
- Weniger MĂŒllproduktion im tĂ€glichen Gebrauch, aber…
- Wie viel MĂŒll entsteht bei der Herstellung?
- Wie sieht die MĂŒllverarbeitung aus?
- FĂŒr die Reinigung der Tasse werden Ressourcen (Wasser und auch Strom) benötigt.
WeiterfĂŒhrender Tipp: Zyklustracking
Neben der Nutzung von Apps oder speziellen Kalendern, habe ich einen weiteren Tipp, um besser einschĂ€tzen zu können, wann die Periode kommt. Mein Zyklus ist etwas unregelmĂ€Ăig, zwischen 25 und 31 Tagen ist alles dabei. Wenn keine anderen Anzeichen den Beginn der Periode anzeigen, kann der Versuch es wert sein, regelmĂ€Ăig die Temperatur zu messen. Ich messe jeden Morgen meine Basaltemperatur (mit einem digitalen Thermometer 3 Minuten unter der Zunge) und notiere die Werte in einer App. Nach dem Eisprung steigt die Temperatur um ca. 0,3 °C an und bleibt bis Tag 1 des nĂ€chsten Zyklus oben. Tag 1 erkenne ich also bereits am Morgen durch die wieder niedrigere Basaltemperatur. Das heiĂt, egal, wann die Periode an dem Tag beginnen wird, ich weiĂ morgens bereits davon und kann mir die Menstruationstasse einpacken oder schon vorsorglich einfĂŒhren, wenn ich den ganzen Tag unterwegs sein werde.
Mein Fazit
Ich mag meine Menstruationstasse sehr. Die Anwendung geht mit etwas Ăbung leicht von der Hand und ich habe kein Problem mehr, irgendwo einen Tampon entsorgen oder herbekommen zu mĂŒssen. Besonders toll finde ich, dass ich die Tasse so selten leeren muss. Beim Radfahren mit Menstruationstasse, z.B. auf einer Tagestour, muss ich mir gar keine Gedanken darum machen.
Gerade auf langen Tagestouren und Bikepackingtouren finde ich es erleichternd, mir weniger Gedanken machen zu mĂŒssen, wann, wie und wo ich meinen Tampon wecheln kann oder wo ich vielleicht einen neuen herbekomme. Und wenn ich aus irgendwelchen GrĂŒnden doch mal einen Tampon benutze, finde ich das GefĂŒhl mittlerweile ziemlich unsauber und unangenehm.
Als weitere Low Waste-Variante klingt Free Bleeding fĂŒr mich spannend, jedoch denke ich, dass das insbesondere beim Radfahren fĂŒr mich nicht funktioniert, da ich zu oft anhalten mĂŒsste.
Foto Credits: Photo by Vulvani â www.vulvani.com
Da es nicht so einfach ist, die richtige Tasse zu finden, gibt es Seite Tassenfinder: http://tassenfinder.de
Ich bin mit den Empfehlungen super zurecht gekommen es gibt dazu auch noch Gruppen auf Facebook, wo man beraten wird.
All langjĂ€hrige Cup-Nutzerin finde ich es voll gut, dass die mittlerweile so verbreitet sind đ Hier sind noch ein paar Tipps:
-Wenn ich unterwegs im Wald bin und kein Wasser parat habe, kippe ich die Tasse manchmal auch einfach aus und setze sie ohne Auswischen direkt wieder ein.
-Nach Gebrauch lege ich die Menstruationstasse immer ĂŒber Nacht in ein Glas warmes Wasser+eine Gebissreinigungstablette. Finde ich viel praktischer als Auskochen und hatte in ĂŒber 10 Jahren Benutzung noch nie Probleme. AuĂerdem verfĂ€rbt sich die Tasse dann nicht so schnell und meine Lunette (immer noch die erste) sieht immer noch top aus.
-Generell sollte man natĂŒrlich auf Hygiene achten, doch es ist auch nicht so schlimm, wenn man sich mal vorher nicht richtig die HĂ€nde waschen kann. Tampons sind ja auch nicht steril.
-AuĂerdem möchte ich Neubenutzerinnen ermutigen, nicht sofort das Handtuch zu werfen, wenn sie erst nicht so gut mit der Tasse klarkommen. Bei mir hat es auch 2-3 Zyklen gedauert, bis ich mich daran gewöhnt hatte.
Hallo Sandra,
interessanter Beitrag. Ich wusste garnicht, dass es so etwas gibt.
Da ich 56 Jahre alt bin, hat sich fĂŒr mich das unsehlige Thema zum GlĂŒck schon lĂ€ngst erledigt.
FĂŒr euch jungen Frauen freut es mich aber sehr, dass ihr es jetzt leichter habt und die Nachhaltigkeit dieser Tassen gefĂ€llt mir auch sehr gut.
Liebe GrĂŒĂe
Dagmar
Tolles und wichtiges Thema! FĂŒr mich war die Menstruationstasse auch der Gamechanger in jeglicher Hinsicht. HĂ€tte ich das nur frĂŒher gewusst :). Ich bin noch nicht in die Verlegenheit gekommen Sie unterwegs im Busch leeren zu mĂŒssen, denke aber auch mit Wasserflasche (hat man ja eh dabei) sollte das kein Problem sein. BloĂ nicht entmutigen lassen, wenn es am Anfang nicht gleich klappt!