How to: Die erste Solo-Radfahrt
In diesem Blog Beitrag teilt Stefanie ihre Erfahrungen zu ihren ersten Solo-Radfahrten sowie 10 Tipps, wie du die Angst davor abbauen kannst und dir eine Art Sicherheitsnetz spannen kannst.
Du hast dir dein erstes Rad gegönnt und willst starten, aber niemand hat richtig Zeit zum Radfahren, oder du hast das Gefühl ein Klotz am Rad der anderen und noch nicht fit genug für Gruppenausfahrten zu sein? Die Liste der Gründe eine Solo-Radfahrt zu machen ist lang. Vor allem in der aktuellen Covid-Situation ist es sicher keine schlechte Idee, lieber Touren alleine zu fahren. Einfacher gesagt, als getan. Denn wer kennt die zahlreichen „was wäre wenn“ und Gruselgeschichten der Schwester der Kollegin des Kumpels nicht?
Mir ging es am Anfang ähnlich; ich hatte Respekt und auch Angst davor alleine Rad zufahren. Über Tipps hätte ich mich damals sehr gefreut, jedoch war ich in meiner damaligen Bubble, die Einzige, die sich für das Rad fahren so richtig interessierte. Um dir deinen Einstieg in die erste Solo-Radfahrt etwas zu vereinfachen, möchte ich dir einige Tipps mitgeben, die mich damals dazu gebracht haben sicherer zu fahren, meine Kreise größer zu ziehen und weniger Bedenken zu haben.
„Ich hätte total Angst alleine (durch den Wald) zu fahren!“
Die Wahrscheinlichkeit in einem Berliner U-Bahnhof überfallen zu werden ist 1000x größer, als von Menschen im Wald angefallen zu werden. Die Personen, auf die ich hauptsächlich im Wald stoße, sind Hundegänger:innen, Paare und Familien. Ab und an trifft man eine andere radelnde oder joggende Person. That’s it. Für die meiste Zeit. Dazwischen kommt meistens nichts, außer ein paar scheue Rehe und sehr, sehr viel Ruhe. Angst zu haben ist grundsätzlich nichts Falsches, sondern hilfreich und absolut normal. Trotzdem sollte dich diese nicht davon abhalten, deine Umgebung unabhängig, selbstsicher und mit Freude zu erkunden und deine Fähigkeiten auf dem Rad auszutesten. Es mag am Anfang schwer sein, Ängste rational einschätzen und betrachten zu können und dann in der jeweiligen Situation zu entscheiden, wie berechtigt diese tatsächlich sind. Das braucht Übung. Und geht nicht von jetzt auf gleich.
Egal was du in den sozialen Medien siehst: die wenigsten fahren von heute auf morgen 100 km alleine durch die Pampa, campen wild oder betreiben solo bikepacking. Jede:r fängt irgendwo an. Bei mir fing es mit 25 km auf einem viel zu großen Peugeot-Rennrad an, vollbepackt mit einem Rucksack gerüstet für alle „was wäre wenn“. Dieser Rucksack schrumpfte über die Jahre zu einer kleinen Satteltasche, die nur die wichtigsten Tools beinhaltet (Pumpe, Multitool, Schlauch, Flickzeug). Diese materielle Veränderung war unter anderem auch Ausdruck meiner zunehmenden Sicherheit.

„Was passiert, wenn ich im Wald einen Platten habe?“
Erst einmal passiert gar nichts. Du wirst höchstwahrscheinlich nicht von Wölfen in Obhut genommen, auch wenn du in Brandenburg unterwegs sein solltest. Zudem ist es in unseren Breitengraden nicht lebensbedrohlich eine Weile durch den Wald bis zum nächsten Dorf oder zur nächsten Stadt zu schieben, falls du kein Flickzeug oder Ersatzschlauch zur Hand hast.
Einen Platten zu flicken ist kein Hexenwerk und mit etwas Übung geht es irgendwann gut von der Hand. Du hattest noch nie einen Platten oder immer eine Person in der Nähe, die dir aushelfen konnte? Zur Vorbereitung fand ich es hilfreich, zu Hause einfach mal die Luft herauszulassen und die Situation zu simulieren. So musste ich dann, beim ersten richtigen Platten nicht die YouTube-University im Wald versuchen aufzurufen (auch das ist vollkommen in Ordnung).
„Was ist, wenn ich mich verfahre und die Wege blöd sind?“
Falls du dir extrem unsicher bist, was die Streckenplanung angeht, nutze einfach die Strecken von Freund:innen oder fahrt sie vorher gemeinsam. Sicher gibt es Strecken, auf denen das Kopfsteinpflaster aus der Hölle liegt, der Matsch knietief ist oder zig Baumstämme auf der Strecke liegen. Schieben, Tragen und mal durchgeschüttelt werden kann nervig sein, ist aber kein Weltuntergang und das ist doch der Spaß an der Sache (zumindest für die Graveller unter uns). Falls einige Wege absolut nicht passierbar sind, plane spontan um oder fahr das Stück zurück und nehme einen anderen Weg. Manchmal sind diese Umwege die besseren Wege. Der Mut zur Flexibilität zahlt sich in den allermeisten Fällen aus.
„Was ist, wenn ich einen Unfall habe?“
Vor kurzem sprach ich mit einem Freund über meine nächste größere Tour, die ich mit einer Freundin geplant habe. Er war sehr erleichtert als er hörte, dass dies keine Solo-Radfahrt sein wird, denn was wäre, wenn ich einen Unfall hätte. Und da sind wir wieder im „was wäre wenn“ Teufelskreis angekommen.
Solche Herangehensweisen sind meiner Meinung nach super limitierend, nicht förderlich und wenn ich an alle Dinge so herangehen würde, dürfte ich nie einen Fuß vor die Tür setzen. Solche Kommentare überhöre ich meist einfach, weil ich mittlerweile einiges an Erfahrung mit dem alleine fahren habe. Jedoch können diese meist unqualifizierten Kommentare Gift für jemanden sein, der/die gerade erst beginnt sich einzufahren. Deshalb gilt es, Gefahrensituationen richtig abzuschätzen, sich nicht zu überschätzen und auf den Körper hören. Ich habe nur bis zu einem bestimmten Punkt in der Hand, Unfälle zu vermeiden. Was ich aber zu 100 % in der Hand habe, ist, mich nicht von dem Restrisiko und der Kommentare verunsichern zu lassen und großartige Erlebnisse zu sammeln.
10 Tipps für deine erste Solo-Radfahrt
Mein Grund alleine zu fahren, war hauptsächlich der damalige Mangel an radfahrenden Freund:innen. Zugegeben, ich habe mich damals keiner „Szene“ oder „Club“ zugehörig bzw. Willkommen gefühlt. Dass der Radsport ein exkludierender, elitärer Sport ist, ist kein Geheimnis. Aus der Not heraus stand ich deshalb dann zwischen der Entscheidung a) alleine zu fahren oder b) das Fahrrad einstauben zu lassen.
Option A hat dann meine Welt verändert und ich bin extrem dankbar, diese Entscheidung getroffen zu haben. Hier sind 10 grundlegende Tipps, wie du dir eine Art Sicherheitsnetz schaffen kannst, das dich trotzdem nicht darin einschränkt zu wachsen. Diese Tipps haben mir auf meinen ersten Solo-Radfahrten immer wieder Sicherheit gegeben:
1. Teile deine Strecke in gedanklich kürzere Häppchen auf (Radfahren 101).
2. Plane bewusst Pausen ein, sei es für die Spezi an der Tanke oder Kuchen im Dorfcafé. Am besten eignet sich dafür die Hälfte der Strecke.
3. Plane deine erste Solo-Radfahrt so, dass du relativ nah am öffentlichen Nahverkehr bzw. Ortschaften bist und zur Not in den nächsten Zug springen kannst.
4. Nutze Offline-Karten (Google Maps verlässt dich gerne mal im Wald) oder plane deine Tour mit bspw. Komoot vor.
5. Fahre die Strecke mit einer anderen Person, bevor du sie alleine fährst.
6. Plane A->B Touren. Mir half es manchmal zu wissen, dass ich die gefahrene Strecke nicht noch einmal zurückfahren muss, sondern einfach weiter bis Punkt B erreicht ist. So kannst du auch schön mit dem Wind planen.
7. Nimm dir Zeit für deine erste Solo-Radfahrt. Niemandem muss etwas bewiesen werden (auch nicht Strava). Weder Streckenlänge, noch Geschwindigkeit oder Höhenmeter sind von Bedeutung. Das gilt ebenso für die Ausstattung.
8. Erzähle einer Person von deiner Solo-Radtour und lass sie wissen, was du vorhast. Es kann beruhigend sein zu wissen, dass du diese im Zweifel anrufen kannst. Alternativ kannst du auch die Live-Track Funktion von Wahoo oder Strava Beacon nutzen und deinen Standort mit einer anderen Person teilen. Dazu muss das GPS-Gerät allerdings per Bluetooth mit dem Telefon verbunden sein, zieht also mehr Akku.
9. Pack dir einen „was wäre, wenn“ Rucksack, wenn du dich damit wohler fühlst. Meiner beinhaltete immer jede Menge Essen, Tools und Kleidung gefühlt von Ostern bis Oktober.
10. Enjoy the ride and keep snacking!!!

Hallo Stefanie,
schöner Beitrag zum Thema Ängste beim alleine Radeln.
Eine Sache kann ich persöhnlich weiterempfehlen.
Wenn das Wetter “schlecht” ist sind automatisch weniger Leute unterwegs.
Bei tollstem Sonnenschein ist die Gefahr wesentlich größer, im schlimmsten Fall auf alkoholisierte Männergruppen an beliebten zu treffen. Bei Regen ist man sicher unterwegs.
Ja ich weiß, Regenwetter beim Radeln für die meisten ein Graus.
Ich kann “Schlechtwetterradeln” nur weiter empfehlen, alles ist ruhig, man hat viel Platz und meist trifft man wie im Wald nur Hunde mit ihren Besitzern und wetterfeste Sportler, und die sind meistens nett.
Liebe Grüße
Dagmar
Eure Seite wurde mir erst gestern empfohlen, ich lese daher gerade alle Artikel durch und ich bin jetzt schon Fan, vielen Dank für Eure Tipps und das Engagement generell.
Ich bin gerne solo unterwegs, Mehrtagestouren habe ich aber bislang immer nur zu Fuß gemacht. Ich steige aber gerade aufs Bikepacking um (ne, ich steige gerade ein, ist gar kein Ersatz) und bin fleissig dabei, mir Equipment zu kaufen und hoffentlich auch bald nutzen zu können. Für die Wanderungen in Gebieten, in denen ich keinen Handyempfang habe und die relativ menschenleer sind, nutze ich ein Garmin inReach Mini (soll keine Schleichwerbung sein), damit ich, falls ich mir doch mal ein Bein breche, Hilfe rufen kann, und damit auch meine Leute zuhause verfolgen können, wo ich mich rumtreibe, da ich manchmal spontan doch einen anderen Weg gehe. Mir persönlich gibt das viel Sicherheit, ich denke das Ding ist auch gut am Rad einsetzbar.
PS: Beim Lesen ist mir eben die bunte Lenker-/Snacktasche aufgefallen. Darf ich fragen, welche Marke das ist? Endlich mal nichts schwarz-langweiliges 😀
Liebe Jen, vielen Dank für deinen Kommentar und für deine Tipps! Die schöne Lenkerrolle stammt von der lieben Berit von Sundlin Bags und wird in Berlin auf Bestellung für dich genäht! (Super gerne Werbung, denn es sind wirklich schöne Produkte: https://www.instagram.com/sundlin_bags). Lieben Gruß, Jule!
Danke liebe Jule!
Oh hier noch eine Ergänzung, weil ich gerade drauf aufmerksam gemacht wurde :-): Es kann auch sein, dass die Tasche von BenuBags ist – ein ebenfalls sehr empfehlenswertes, kleines Taschenlabel aus Hamburg. https://www.instagram.com/benubags/.
Moin,
1. Dichtmilch in die Schläuche. Ich hatte schon ewig kein Loch mehr.
2. Den Status teile ich per WhatsApp. Auch zwischen iPhone und iPhone gibt es die Funktion „Wo ist?“. Dann informiert man die Person, dass man unterwegs ist.
3. Schaffe ich mir den Tocsen-Sturzsensor an.
4. Per Head-Set telefonieren. So fühle ich mich nicht so allein.
Schöner Artikel! Möchte in Kürze auch meine erste Nachtfahrt machen und habe mir hier viele nützliche Tipps notiert 🙂
Als Rennradneuling ist meine größte Angst eigentlich nur, dass ich nen Platten kriege und es nicht geschafft bekomme meinen Ersatzschlauch zu wechseln. Vielleicht habt ihr ja auch zu diesem Thema Tipps?
Super Seite, gefällt mir sehr gut! Freu mich auch, dass derFrauenradsport langsam an Dynamik gewinnt und mehr Ladies aufs Rennrad wechseln! 🙂
Vielen Dank für dein Feedback <3! Es sind auf jeden Fall auch Beiträge zu Thema Technik geplant. Wir arbeiten fleißig an weiteren Inhalten und freuen uns, wenn du immer mal wieder hier im Blog vorbeischaust.