Mein erstes Mal 200 Kilometer mit dem Rennrad
Sandra erzählt ihre ganz persönliche Geschichte von ihrer ersten 200 Kilometern mit dem Rennrad. Dabei teilt sie ihre Erkenntnisse, ihre Gedanken und ihre Geschichte und klärt auf, wie es dazu kam, dass sie sich alleine auf den weiten Weg gemacht hat. Dabei kommt es nicht nur auf die Kraft in den Beinen an, sondern vor allem auch die im Kopf.
Es ist schon einige Zeit her, aber ich denke immer mal wieder an meine allererste 200 Kilometer-Tour zurück.
Im Juni 2017 wagte ich mich zum ersten Mal an diese Distanz. In diesem Artikel möchte ich meine Erfahrungen mit euch teilen: Warum wollte ich 200 Kilometer radeln? Wie habe ich mich motiviert? Was habe ich gegessen? Welche Dinge waren gut? Was würde ich anders machen?
Warum 200 Kilometer?
Beim Klettern, beim Laufen und auch beim Radfahren gab und gibt es immer wieder magische Marken, denen ich respektvoll entgegenschaute und schaue und die ich hoffe, irgendwann zu knacken oder schon geknackt habe. Zum Beispiel:
- das erste Mal eine Route mit einem bestimmten Schwierigkeitsgrad klettern
- das erste Mal vorsteigen
- das erste Mal 60 Minuten, 10 Kilometer, Halbmarathon, Marathon laufen
- das erste Mal 100 Kilometer Radfahren
- das erste Mal 200 Kilometer Radfahren
- und so weiter und so weiter…
Heute geht es um die Strecke von Berlin nach Leipzig, die, je nachdem, wie sie verläuft, 200 km lang ist. Dieser Herausforderung wollte ich mich stellen und die Strecke an einem Stück zurücklegen. In Berlin besuchte ich meine Oma und startete von dort aus meine Tour.
Wie habe ich meine Strecke geplant und wie navigiert?
Die Strecke von Berlin nach Leipzig habe ich mit Komoot geplant. Dazu habe ich Start- und Zieladresse eingegeben, Rennrad als Fahrradtyp ausgewählt und die Route so angepasst, dass möglichst wenig große Straßen und Bundesstraßen in meiner Tour sind.
Damals hatte ich noch kein GPS-Navigationsgerät fürs Fahrrad, aber auf meiner Laufuhr können auch Strecken gespeichert und angezeigt werden. Auf der Uhr wird die Strecke jedoch nur als Strich mit einem Pfeil angezeigt. Der Pfeil ist dabei die eigene Position und der Strich die Strecke. Eine Karte kann ich auf der Uhr nicht sehen, rein- und rauszoomen geht ebenfalls nicht. Gerade auf Rennradstrecken funktioniert die Navigation damit aber dennoch ganz gut, da der Strich die Richtung anzeigt, in die gefahren werden muss. So lässt sich erahnen, wo eine Straße verlassen und auf eine andere abgebogen werden muss. Bei Touren mit vielen offroad-Passagen, kam es öfter vor, dass ich an einem Weg vorbei gefahren bin, in den ich hätte abbiegen müssen. Insgesamt hilft es aber, langsamer an Stellen mit potentiellen Abzweigungen heranzufahren. Ich konnte dadurch schon einige Male verhindern, erst den falschen Weg einzuschlagen.
Ein kleiner Tipp an dieser Stelle: Wenn ich die Uhr zum Navigieren auf dem Rennrad nutze, dann trage ich sie nicht am Handgelenk, sondern am Lenker, sodass ich jederzeit darauf schauen kann.
Für den Anfang meiner Fahrradzeit war die Uhr eine treue und hilfreiche Begleiterin. Irgendwann habe ich sie aber durch ein GPS-Navigationsgerät ersetzt, jedenfalls fürs Fahrradfahren.
Wie motivierte ich mich unterwegs?
Ich hatte mich direkt nach meiner Rennrad-Tour mit zweien meiner Lieblingsmenschen verabredet. Natürlich wusste ich im Vorfeld nicht genau, wann ich mein Ziel erreichen würde, da Pannen, Gegenwind, Essenspausen, Pullerpausen und weitere erwartete und unerwartete Ereignisse Verzögerungen mit sich bringen könnten. Um die zwei Up-to-Date zu halten, wann ich ankommen würde und, dass es mir gut geht, nahm ich mir vor, ihnen alle 25 Kilometer, also etwa jede Stunde ein Foto und einen kurzen Zwischenstand zu schicken.
Dadurch war auch gleich meine Strecke in mehrere Teilstücke unterteilt. Ich hatte nicht mehr nur das Große und Ganze vor Augen, sondern immer auch die nächste 25-km-Marke, das nächste Foto. Penibel achtete ich darauf, wann ich die nächste 25-Kilometer-Marke erreicht haben würde. Dann zückte ich mein Handy und nahm meist während der Fahrt ein Selfie auf und verschickte es ohne viel Text dazu. Natürlich kamen auch kurze Antworten zurück, die mir eine extra Portion Mut und Motivation gaben.
Was habe ich auf meiner Tour gegessen?
Aus meiner mit Riegeln und Gels gefüllten Schublade stellte ich mir im Vorfeld einen bunten Mix zusammen. Erstens, weil ich diese “Sammlung” verkleinern wollte, die hauptsächlich aus Give-Aways aus Startbeuteln von verschiedenen Veranstaltungen bestand. Und zweitens, weil ich die Riegel gut einpacken konnte und sie gut ein paar Tage in den Taschen liegen konnten ohne schlecht zu werden. Ich hatte mir auch vorgenommen, an einem Café anzuhalten, um ein Stück Kuchen zu essen. Oder zwei.
Wie die Statusmeldung, die ich alle 25 Kilometer verschickte, aß ich auch alle 25 Kilometer etwas, meistens einen halben Riegel. Das stündliche Foto erinnerte mich also auch an die Nahrungsaufnahme während der Fahrt. Auf Kaffee und Kuchen verzichtete ich aber, denn ich war so im Fahren drin, dass ich gar keine Lust hatte, irgendwo anzuhalten. Nur meine zwei Wasserflaschen füllte ich einmal auf, so dass am Ende des Tages 4x600ml geleert wurden. Gar nicht mal so viel für 8 Stunden im Sattel!
Gegen Ende meiner Rennrad-Tour hätte ich mir mehr Essen gewünscht, doch ich hatte bereits alles verputzt. Die letzte Stunde hatte ich dann ziemlich großen Hunger. Aber da ich mittlerweile nass geregnet war, wollte ich nun auch nicht mehr anhalten.
Und wie war es?
Voller Euphorie startete ich am Morgen meine Tour. Erst einmal aus Berlin raus. Das war nervig, weil ich, jedenfalls gefühlt, an jeder einzelnen Ampel anhalten musste und, weil natürlich auch viele Autos unterwegs waren. Später wurde es schöner. Ich erfreute mich an den Feldern und Wäldern ebenso wie an meinen stündlichen Updates und war voll motiviert!
Irgendwann, wann weiß ich leider nicht mehr, wurde es anstrengend und ich wollte ankommen. Dies war auch ein Grund, keinen Kuchenstopp einzulegen und nicht nach einem Café Ausschau zu halten. Aber ich war so voller Euphorie und trotz Anstrengung ziemlich motiviert und blickte fokussiert meinem Ziel entgegen.
Etwa 25 Kilometer vor Leipzig, also sozusagen auf der Zielgeraden fing es an zu regnen. Ich zog meine Regenjacke an und fuhr weiter. Trotz Jacke wurde mir irgendwann kühl. Aber ich war ja eh gleich da, deshalb war das auch egal. Je näher Leipzig kam, umso klarer wurde, dass meine Strecke 197 anstatt 200 Kilometer lang sein würde. War mir jetzt aber egal, ich war hungrig und mir war kalt. Ankommen nach knapp 200 Kilometern ist sicher genauso cool!
Die letzten Kilometer
Erst in Leipzig entschied ich mich kurzfristig, doch noch eine kleine Runde, von der ich wusste, dass sie genau die fehlenden 3 Kilometer abdecken würde, dranzuhängen. Auf 3 Kilometer mehr im Regen kam es jetzt auch nicht mehr an. Mir war plötzlich die Zahl wieder wichtiger als das Essen oder als trockene Kleidung. Ich hatte mir schließlich vorgenommen, 200 Kilometer zu radeln. Eigentlich Quatsch aber wie gesagt, gibt es immer wieder solche magische Marken im Kopf, jedenfalls in meinem. Stolz und zufrieden klingelte ich schließlich an der Tür, freute mich über ein herzliches Willkommen, über eine Dusche und über gemeinsames Essen.
Am Abend wollte ich eigentlich noch zu einem Lauftreff gehen. Aber, man glaubt es kaum, ich war sehr KO und hatte mehr Freude daran, mit diesen zwei lieben Menschen auf dem Sofa zu liegen und maximal zu entspannen.
Mein Fazit
Insgesamt würde ich die Tour genau so wieder machen, einzig etwas mehr Essen wäre eine Option zur Verbesserung. Mittlerweile sind 200 km nicht mehr so besonders für mich. Ich habe nun ein GPS-Navigationsgerät mit Karte. Dennoch verlieren die folgenden Punkte für mich nichts an Wichtigkeit auf meinen Touren:
- Zwischenziele helfen mir, motiviert zu bleiben
- Mir hilft, wenn jemand weiß, wo ich bin, das fühlt sich sicherer an. Dazu teile ich häufig meinen Live-Track mit meinem Partner.
- Wichtig ist für mich, dass ich regelmäßig esse und am Anfang nicht gleich alle Energie rausfahre.
- Auch ohne High-End Navigationsgerät kann man auf unbekannten Strecken 200 Kilometer Rad fahren.
- Lange Strecken alleine fahren, heißt nicht, sich dabei einsam zu fühlen.
- Zum Ende der Tour steigt die Motivation nochmal und das hilft enorm dabei, das Ziel zu erreichen.
Herrlich, ich starte kommendes WE meine Runde um den Bodensee. 200km am Stück – bereits die 2. Tour (damals von Chemnitz nach Berlin). Ich bin euphorisch aber gleichzeitig demütig. Wird geil! 😀
Hallo Juliane, das verstehe ich gut, ist aber kein Problem, denn dafür gibt es bei radweit.de auch eine gpx-Datei, einfach oben auf die Kachel “Hinfahrt radreisewiki GPS” bzw. “Rückfahrt radreisewiki GPS” klicken, der Link führt dann für die Hinfahrt zu https://radreise-wiki.de/Radweit_Berlin_-_Leipzig#GPS-Tracks wo es erst Basisinformationen zur Strecke inklusive Versorgungslage gibt, dann weitere Infos zu den Orten auf dem Weg und schließlich auch Infos zu den beiden Fähren (Elbe und Mulde) sowie unten dann einen Link zum Herunterladen des Tracks. So kompakt und übersichtlich gibt es die relevanten Informationen für Straßenfahrten zwischen Großstädten wohl sonst nirgends.
Ach sehr cool. Ja, Danke für den Tipp!
Ein bisschen oldschool in der Aufmachung, aber sehr gut ausgesucht – gut fahrbar und so weit wie möglich autoarm – sind die Streckenempfehlungen von radweit.de (Berlin-Potsdam-Leipzig: https://radweit.de/bl/bl.html ) – da kann an sogar ohne GPS-Gerät nur mit einem A4-Kartenausdruck losfahren.
Ausprobiert habe ich das vor ein paar Jahren, als ich mit meiner damals zwölfjährigen Tochter Berlin-Leipzig mit einer Übernachtung gefahren bin. Für sie war mit ca. 120 km am ersten Tag die Grenze von 100 km/Tag geknackt. Etwas abgewichen sind wir in Berlin, da es am Teltowkanal ampelarm und angenehm Richtung Teltow geht.
Danke für die Empfehlung Christoph. Auf diesen Seiten habe ich auch schon vor einer ganzen Weile gestöbert, ich finde aber am Ende die digitale Planung doch deutlich angenehmer und einfacher mit Navi zu fahren. Aber es ist eine gute Alternative.
Hi Christoph, ich hab in meiner Anfangszeit auch die Strecken von Radweit.de genutzt. Eine Freundin hatte davon berichtet und mich gefragt, ob ich Lust hab mit nach Hamburg zu radeln. Dann sind wir meine erste “lange” Tour von Leipzig nach Hamburg gemeinsam (zu dritt) gefahren. Die Route war von radweit!