DEn Kopf freifahren
Ich heiße Eva Ullrich. Auf das Rennradfahren bin ich erst mit über 40 zurückgekommen. Im Frühling 2014 suchte ich eine Möglichkeit, um vom Alltag in meiner Führungsposition abzuschalten. An einem Sonntag im April radelte ich mit meinem Partner los, und fast 130 Kilometer später landeten wir vollkommen fertig in Lutherstadt-Wittenberg. Ich hatte an diesem langen Tag viel von Brandenburg gesehen und komplett vergessen, was mich gerade im Job beschäftigte. So begann meine „zweite Rennradkarriere“ auf meinem alten Stahl-Verago, das zwanzig Jahre geduldig im Keller gewartet hatte.
Die Sache mit den Langstrecken
Bis dahin konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen, in Berlin sportlich Rad zu fahren – zu dicht befahren die Straßen, zu rücksichtsloses Benehmen auf der Straße. Ich konnte mir auch nicht vorstellen, in meinem Leben noch einmal 300 Kilometer am Stück zu fahren, oder noch viel weiter, oder vier Pässe an einem Tag beim Alpenbrevet. Ich kannte Radmarathons und RTFs, aber ich hatte nie von den Randonneuren gehört, Menschen, die Hunderte von Kilometern zurücklegen, rund um die Uhr pedalieren und gelegentlich eine Stunde an einer Bushaltestelle schlafen.

Geteilte Begeisterung
Ich begann dann, über meine Touren auf takeshifaehrtrad.com zu schreiben, weil ich mit meiner Begeisterung irgendwo hin musste. Darüber habe ich Menschen kennengelernt, die mir nahelegten, mich auf Langstrecken zu wagen, und die mir den ein oder anderen Tipp gaben, aber vor allem das Gefühl, in diesen Kreisen willkommen zu sein. Es waren ausschließlich Männer.

Ich war und bin dankbar für die Unterstützung, die ich erhalten habe und zugleich finde ich es wichtig, dass Frauen mit Interesse an dieser Nischensportart auch auf andere Frauen treffen und die Möglichkeit zum Austausch haben. Deswegen bin ich Teil unseres Kollektivs.
Ich denke, dass Radfahren für Frauen eine tolle Möglichkeit ist, die eigene Kraft, Ausdauer und Unabhängigkeit zu erleben. Mir hat diese Erfahrung dabei geholfen, mich mit Mitte 40 beruflich auf ganz neue Wege zu bewegen. Inzwischen arbeite ich als Organisationsentwicklerin und Coach, berate und begleite Menschen in beruflichen Veränderungsprozessen.

Auf Stahl bin ich immer noch unterwegs. Der Fuhrpark ist um ein Jaegher für die Straße und ein Soma fürs Grobe erweitert. Über meine Erlebnisse schreibe ich weiterhin und freue mich jedes Mal, wenn ich damit neue und bekannte Lesende für diese schöne Art der Fortbewegung begeistern kann!
Foto Credits Header: Joas Kotzsch
Hallo Eva,
mit Mitte Vierzig bist du für mich auch noch eine jungwer Hüpfer :).
Aber ich kann es auch nur an alle weiter empfehlen, das Fahrrad wieder aus dem Keller zu holen, egal wie alt man ist.
Ich war Ü50, als ich das Einrad- und das BMX-fahren für mich als neue Hobbies entdeckt hatte.
Allerdings nur im Freuzeitsport ohne besondere Auszeichnungen, aber egal, den Spaß am Radeln haben wir wohl alle gemeinsam.
In diesem Sinne weiterhin viel Spaß und Erfolg
Liebe Grüße
Dagmar
Das Titelbild (heißt das in dem Format noch so?) transportiert die Botschaft auf den Punkt: es muß nicht weit weg sein, es muß kein “gutes” Wetter sein, wenn mensch sich erstmal/trotzdem losgewagt hat, kann das Erlebnis gerade dann besonders intensiv und gut sein und mensch pedaliert fröhlich durch den Regen!
Das Bild vom Wolkenhäuschen bringt Erinnerungen aus der Jugend in den frühen 1990ern an frostige Morgenstunden im Juli da oben auf dem Brocken, bei einer ersten Fahrt hoch zum Sonnenaufgang – ohne extra Pullover oder gar lange Handschuhe – war ja Sommer…
Wie gut, daß es heute nicht nur erschwingliche und verfügbare Ausrüstung gibt, sondern v.a. die nötigen Informationen, angefangen den “How to”-Texten hier, über punktgenaue Wetterberichte, funktionierende Beleuchtung bis zu präzisen digitalen Karten.