ALL RIDE WITH...?
Wir vom “The Women All Ride” – Kollektiv wollen die Fahrradwelt in all ihrer Vielfalt abbilden. Daher haben wir die Kategorie: ALL RIDE WITH… initiiert! Jeden Monat stellen wir hier eine einzigartige Persönlichkeit vor: Eine Person, die uns aufgefallen ist durch ihre Präsenz, ihr Aufteten, ihre sportlichen Leistungen oder dank ihrer Fähigkeit zu inspirieren und motivieren. Jede:r ist anders und einzigartig.
In Form eines Interviews können sich die vorgestellten Personen aus mehreren Fragen ihre bevorzugten auswählen und diese beantworten.
Dir fällt da auch sofort jemand ein? Dann schreibe uns eine Nachricht! Wir freuen uns über Vorschläge und können es kaum erwarten noch mehr inspirierende Persönlichkeiten kennenzulernen!
Die erste The Women "ALL RIDE WITH...":
Grinshina Kartik aus Indien
Grinshina aus dem südindischen Bangalore ist eine beeindruckende Langdistanzfahrerin, die sich durch ihre starken Leistungen in diversen Brevets in Asien und Europa hervorgetan hat: ISAN 2020 Finisherin, Everesting 2020, PBP 2019 uvm.

Dieses Interview mit Grinshina wurde aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt.
1. Wie bist du zum Radfahren/Radsport gekommen?
Ich begann mit dem Radfahren im Alter von 7 Jahren, als ich mein erstes Fahrrad bekam. Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich über eine kleine Bodenwelle fuhr und das Fahrrad für ein paar Sekunden in der Luft war. Es gab viele glückliche Tage, an denen ich immer wieder über diese Bodenwelle fuhr, um in der Luft zu sein
Ein anderes Mal bin ich als 9-Jährige auf einem typischen großen Herren-Erwachsenen Fahrrad losgefahren und wusste nicht, wie ich anhalten sollte, da mein Fuß den Boden nicht erreichen würde. Die einzige Möglichkeit zu stoppen war, gegen das Tor des Hauses eines Freundes zu fahren. Während ich aufwuchs, hatte ich immer ein Fahrrad. Während meiner Collegezeit, mein College war 250 km entfernt und ich wohnte im Hostel, benutzte ich ein Fahrrad, um Orte zu erkunden.
Nach langer Pause zurück aufs Fahrrad
Auch als ich in den frühen 2000er Jahren in den USA arbeitete, hatte ich ein bescheidenes Fahrrad, um zu pendeln und an den Wochenenden Orte zu erkunden. Dann kamen Heirat und Baby, und ich hatte den Kontakt zum Radfahren verloren.
Im Jahr 2013 kaufte ich schließlich ein Fahrrad und wollte mir das Radfahren wieder aneignen. Ich hatte Angst, mich allein auf die Straße zu wagen und blieb meist dabei, meinen Sohn zur Vorschule zu bringen und abzuholen. Dann lernte ich Freunde kennen, die an den Wochenenden Orte erkundeten. Ich wartete die ganze Woche auf das Wochenende und freute mich darauf, auf Entdeckungstour zu gehen.
Ich war fasziniert von Leuten, die 200 km in 13,5 Stunden fahren konnten.
Als Sport habe ich mit dem Langstreckenradfahren begonnen – Randonneuring im Jahr 2018. Ich war fasziniert von Leuten, die 200 km in 13,5 Stunden fahren konnten. Ich hielt das für übermenschlich. Bis dahin benutzte ich eine App namens Endomondo, um meine Fahrten zu protokollieren. Aber viele Randonneurs nutzten Strava. Also wechselte ich auch zu Strava. Und war erstaunt zu sehen, dass sogar einige Fahrerinnen riesige Strecken protokollieren.
Ich dachte, das wäre perfekt für mich. Ich konnte einfach allein sein und zu fremden neuen Orten fahren und wieder eine abenteuerlustige Entdeckerin sein. Alles, was mir erlaubt, das freie, abenteuerlustige kleine Mädchen aus meiner Kindheit zu sein.

2. Wer inspiriert dich beim Radfahren?
Jede Person, die immer ihr Bestes gibt, wenn sie fährt. Wenn ich nachlasse, sage ich mir immer wieder: “Grinny, konzentriere dich, fahr wie diese Person!”
3. Was kann die Radsport-Szene besser machen?
Eine ganze Menge:
- Es für Frauen sicher machen.
- Es weniger einschüchternd machen.
- Radsport zugänglicher machen.
4. Was war dein größter Fail und dein größtes Learning?
Mein größter Fail war beim PBP 2019. Ich bin hingegangen ohne viel Wissen über die Strecke oder die Mechanik meines Fahrrads – und endete mit einer gebrochenen Kurbel. An diesem Tag habe ich mir geschworen, dass ich die Funktionalität meines Bikes niemals jemand anderem überlassen werde. Ich musste alles über mein Fahrrad selbst lernen und verstehen. Ein Fahrrad ist eine einfache Maschine, es ist keine Raketenwissenschaft, herauszufinden, wie es funktioniert.
5. Was ist deine Botschaft an die Fahrradindustrie?
Frauen als Fahrerinnen ernst zu nehmen!
Besonders hier in Indien ist es schwierig, so etwas wie ein einfaches Frauentrikot und eine kurze Hose zu finden. Die Rahmen, Fahrräder, Schuhe, alles ist auf Männer ausgerichtet. Es wird von uns erwartet, dass wir uns der schlechten Passform und Größe einfach anpassen.
6. Was ist deine Vision für die Zukunft der Radsportindustrie/-szene?
- Wäre es nicht wundervoll, wenn die Städte und die Infrastruktur der Zukunft mit selbstfahrenden oder elektrischen Fahrrädern statt mit Autos geplant würden?
- Dass viele Frauen mit dem Radfahren beginnen, so dass es alltäglich und sicherer wird. Auch die Industrie ist dann in der Pflicht, uns anzusprechen.
Selbstzweifel sind ok, aber stehe dir nicht selbst im Weg.
Quick Questions
Dein nächstes großes Ziel?
Ein Ultra-Ausdauerrennen in Europa.
Dein Lieblingssnack?
Orangen.
Dein bester Life-Hack?
Früh aufstehen und als Erstes trainieren gehen. Ich versuche rauszugehen, bevor die Sonne aufgeht.
Was darf auf keiner Tour fehlen?
Das lokale Essen.
Mit dieser Person würde ich sehr gerne mal fahren:
Fiona Kolbinger.
Bei welchem Event werden wir dich das nächste Mal treffen?
Bei Covid noch nicht sicher.
Ich bin seit 1968 im Radsport unterwegs, kann nur sagen – super – und weiter so.
Ein Tag auf dem Rad ist ein gewonnener Tag.
LG Micha
Meine Hochachtung, als ganz normale Alltagsradelerin mit Ü50 kann ich mir solche extrem langen Strecken nicht vorstellen, sie selbst abzuradeln- Respekt!
Liebe Grüße
Dagmar